Mexiko, da wo niemand hin geht.

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In Mexiko ticken die Uhren anders. Hier weckt einen nicht der iPhone Wecker mit drei Mal Snooze; hier weckt einen noch auf ganz traditionelle Weise ein Hahn. Und da es immer mindestens einen Hahn pro Haushalt gibt, wecken einen dann immer alle Hähne der Nachbarschaft. Der Eine etwas früher, der Andere etwas später, aber es ist verblüffend, dass das Krähkonzert beinahe immer ab halb 5 Uhr morgens beginnt. So ein massiver Eingriff in den Schlaf hat natürlich überwiegend negative Seiten, aber ein Vorteil ist, dass man den Tag immer früh beginnt.

Der letzte Tag in Bacalar begann mit genau einem solchen Szenario. Kikerikiiiiii und nach langen Packen von Zelt und Rucksack, herzlichem Abschied von der Zeltplatzfamilie inklusive unseren neuen Aussteigerhippiefreunden aus Argentinien und Kolumbien, begaben wir uns auf den Weg zur Hauptstraße mit dem Ziel nach Xpujil zu trampen. Ja, wir haben auch lange gebraucht bis wir diesen Namen richtig aussprechen konnten und genügten uns bis auf weiteres mit „sch“. Trampen ist in Mexiko nicht üblich und wird immer als Risiko betrachtet. Wahrscheinlich war es aus diesem Grund anfangs etwas schwierig mitgenommen zu werden, obwohl wir nett lächelten und winkten. Doch nach einigen fast hoffnungslosen Momenten in mexikanischer Mittagssonne, hielt ein Fahrzeug Marke Nissan an und war bereit uns mit nach Xpujil zu nehmen (150km). Diese Mitnahme erwies sich für uns als grosser Jackpot, denn die beiden Männer in dem Fahrzeug waren Maya und einer von ihnen ein Ruinen-Guide. Nach einigen Gesprächen mit Umberto, dem Guide, ließen wir von unserem ursprünglichem Plan ab nach Xpujil zu fahren und nahmen Umbertos Angebot an, zu ihm in die Maya Community „Veinte de Noviembre“ zu fahren. Dort bot er uns einen kostenlosen Schlafplatz in einer Cabaña auf einem Hügel an und zusätzlich die Möglichkeit mit ihm, zu einem unschlagbaren Preis, eine Halbtagestour und eine Tagestour zu machen.

Bei der ersten Tour ging es zu den Mayaruinen der Stadt Rio Bec. Von der Maya Community ging es 16 km mit dem Quad durch tiefsten Regenwald auf ziemlich schwer zu befahrenen Terrain zu den Ruinen. Wir wurden von Umberto nicht enttäuscht. Rio Bec ist ziemlich beeindruckend! Stellenweise wurden einige Tempel und Residenzhäuser noch nicht von Archäologen freigemacht und man fühlte sich wahrlich als Entdecker von jahrtausend alten Ruinen. In Rio Bec sind alle Strukturen, die sogenannten Standorte von Ruinenplätzen, miteinander durch ein Höhlensystem verbunden. Es ist mehr als bewundernswert wie genau, sauber und akkurat die Maya 1,5m unter dem Regenwald ein kilometerlanges Höhlensystem bauen konnten, trotz Gesteinen, dicken Wurzeln und ohne gutes Werkzeug. Obwohl Werkzeug hatten sie: Obsidian, ein sehr hartes, Schwarz-glänzendes, granitähnliches Gestein, welches als Werkzeug und Waffe benutzt wurde (Maya hatten kein Eisen). Wir haben ständig versucht an dieses wertvolle Gestein zu kommen, allerdings ohne Erfolg. In Guatemala kauften wir uns dann im Trödelladen ein Fake-Obsidianmesser. Die Nacht verbrachten wir in besagter Cabaña auf einem Hügel in der Maya Community. Es war ziemlich interessant hautnah zu erfahren wie die Nachfahren der Maya heute leben. Selbstverständlich gab es in unserer Cabaña kein fließend Wasser und kein Strom und zum Duschen diente ein Eimer voll Regenwasser. Das Panorama in der Nacht war unglaublich schön. Niemals zuvor habe ich so viele Sterne gesehen wie im mexikanischen Regenwald!

Unser Nachbar in der Cabaña nebenan war ein Team von Archäologen aus Spanien und Mexiko, die gerade die Ruinen der Ruinenstätte „Pasión der Cristi“ untersuchen. Beim kühlen Abendbier erfuhren wir so allerlei über die aktuellen Ausgrabungen, das Leben von Archäologen (ziemlich harter Job) und das Leben der Maya.

Die zweite Tour mit Umberto unserem Maya Guide begann um 6 Uhr morgens. Diese Tour führte uns zunächst zu den Mayaruinen von Calakmul. Calakmul was wohl die größte Stadt im Reich der Maya und wurde erst 1931 entdeckt. Calakmul gleicht in Größe und historischer Bedeutung Tikal in Guatemala, ihrem Hauptrivalen. In Calakmul lebten einst 50.000 Menschen und es besitzt die größte bekannte Pyramide im Yucatán. Aufgrund der abgelegenen Lage, 60km tief im Dschungel verborgen, finden nur sehr wenige Touristen den Weg dahin (im Gegensatz zu Tikal). So durften wir direkt bei den Ruinen Brüllaffen, Rehe, Manteltiere, Papageien und Krokodile sehen. Oben auf der höchsten Stelle der Pyramide (60m) erlebt man ein atemberaubendes Panorama auf den nie enden wollenden Regenwald. Am Horizont ist sogar die Spitze der höchsten Mayapyramide überhaupt, El Mirador, zu sehen. Um dorthin zu gelangen benötigt man 5 Tage durch unwegsamen Dschungel. Diese Tour ist für den nächsten Yucatánbesuch vorgemerkt!

Das zweite große Highlight dieser Tour war eine Fledermaushöhle „Lago de Murcélagos“. Klingt erstmal nicht spektakulär aber wenn man zehntausende Fledermäuse pünktlich um 17:30 Uhr aus der Höhle fliegen sieht, sich immer im Kreis drehend und irgendwann im Wald verschwindend, geht man garantiert fasziniert nach Hause. Ironischerweise zogen hoch oben auch die Falken ihre Kreise. Leichte Beute, wäre da nicht die behinderte Riesen-Drohne irgendwelcher Hirnamputierten, die auch deutlich die Fledermäuse verwirrte.

Am nächsten Morgen ging es weiter nach Guatemala. Vom Archäologen bekamen wir die Empfehlung über eine winzige, einsame Grenze namens El Ceibo das Land zu verlassen. Von ihm wurden wir dann noch freundlicherweise in die nächste Stadt mit Busbahnhof mitgenommen. Die Stadt hieß Escarsega und sollte uns 16h lang Obdach geben, denn so lange mussten wir auf unseren Bus zur Grenze warten. Escarsega ist eine Arbeiterstadt und wir waren die weit und breit einzigen Touristen. Dazu Schüttete es in Strömen und machte Escarsega endgültig zum ungemütlichsten Ort für uns in Mexiko. Escarsega in kürze: hielten uns 4h lang bei einer Familientaqueria auf, weniger der Tacos wegen, sondern des Wlans. Mussten schließlich gehen und besetzten ab 18 Uhr den halben Busbahnhof, da wir unsere Sachen zum trocknen überall aufhängt hatten. Nach weiteren 10 Stunden kam um 04:00 Uhr endlich der Bus nach Tenosique. Grauenhafte 7 stündige Busfahrt bei Unwetter und Schlaglöchern. In Tenosique erstmal gutes Frühstück für 2€ und dann weiter mit dem Collectivo nach El Ceibo. Die Rucksäcke wurden bei der Fahrt komplett durchnässt. Zum Trost dafür mussten wir keine Ausreisesteuer für Mexiko bezahlen und würden freundlich wie selten an der guatemalekischen Grenze von den Grenzbeamten begrüßt. Von da ging es durch die Pampa Guatemalas nach Florés, doch darüber mehr im nächsten Eintrag. Es ist verrückt, dass Florés nur 100 km Luftlinie von Calakmul entfernt liegt, wir aber 38h hin benötigten.

Um mit Mexiko abzuschließen soll gesagt sein, dass es ein sehr günstiges Land ist, wenn man die Touristenhochburgen meidet. Aber selbst da kann man günstig leben. Frühstück ab 1€, Mittagessen 2€ und Abendessen 2€. Kosten für einen Zeltplatz: 3€ und für eine 1m lange Machete 5€! Mexiko war wirklich ein wunderbares Erlebnis! Ich hätte nicht gedacht, dass ich davon ins schwärmen gerate. Tipp: die vollgebaute Tourihochburg Riviera Maya meiden und sich im Süden von Quintana Roo, in Campeche und Chiapas aufhalten. Leider hat uns ab Bacalar durchgehend Regen verfolgt und langsam zieht die Nässe und alle Kleidungsfasern.

Im Busbahnhof von Escarsega lernte ich eine Direktorin einer Förderschule in der Nähe von. Guadalajara kennen. Wir erzählten uns von dem wie Gott in letzter Zeit in unserem Leben gewirkt hat und tauschten die Kontaktdaten für eventuelle zukünftige Zusammenarbeit aus. Während der Reise will ich genau solche Kontakte zu Schulen oder Projekten schaffen. Es ist mein Traum irgendwann als Spanischlehrer Klassenfahrten nach Mittelamerika anzubieten.

Bisher verlorene Sachen: Handy (leider wahr), Cap, Kreditkarte (leider wahr), Duschzeug

Neu gewonnene Sachen: Fake-Obsidianmesser, Maya-Kalender, scharfe Soßen aus dem mexikanischen Bundesstaat Staat Tabasco.

Geschätzte Moskitostiche bis jetzt: 40-50.

Bisher gegessene Tortillas: 74 pro Person.

Durchschnittliche Dauer um gewaschene Sachen zu trocknen:

Zeit im Bus: schätzt mal bitte.

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